Freudenberg. Wale und Delfine üben eine starke Faszination auf Kinder aus. Dies war auch bei der Kinderuni der Jungen Forscher Main-Tauber Freudenberg an einem Samstagvormittag im Sitzungsaal des Rathauses zu spüren. Dr. Fabian Ritter, Biologe und Vorsitzender des Vereins MEER Berlin, informierte 25 Juniorstudenten über die spannende Forschung rund um das Thema sowie die Methodiken und Ergebnisse. Der Dozent war der Videokonferenz aus der Bundeshauptstadt zugeschaltet. Die Kinder kamen aus der gesamten Region. Der Verein von Ritter setzt sich für die Erforschung und den Schutz der Meeressäugetiere vor allem vor der Insel La Gomera ein. Dort würde das Meer zwischen 2500 und 3000 Meter Tiefe erreichen. Es sei offenes Meer auch nahe den Inseln. Dort finde man viele Wale und Delfine, so der Dozent. Diese bräuchten sehr tiefes Wasser. „Sie sind Tieftaucher.“ Rund um die kanarischen Inseln gebe es super Bedingungen auch Arten zu sehen, die man sonst nicht zu Gesicht bekomme.
Forschungsmethoden
Er berichtete ausführlich über die Datenerhebung. Man nutze für die Forschungen Mitfahrmöglichkeiten auf Touristenbooten, die sowieso hinausfahren. So belaste man die Tiere nicht durch zusätzlichen Bootsverkehr. Im untersuchten Bereich gebe es 24 verschiedene Wal- und Delfinarten, darunter den Blauwal, als größte Art. „Die Anzahl der Arten dort ist ein Europarekord.“ Auf jeder Tour sehe man in drei bis vier Stunden etwa zwei bis drei Arten. Es sei gar nicht so einfach die Tiere zu entdecken, man brauche viel Geduld. Sie seien meist unter Wasser und kämen zum Atmen nach oben. Elf Kinder meldeten sich auf die Frage, ob sie schon einmal Wale und Delfine in freier Wildbahn gesehen hätten.
Der zweite große Schritt sei die Identifizierung der Art, berichtete Ritter. Dazu greife man unter anderem auf Merkmale wie Hautfärbung, die Form und Größe der Rückenflosse aber auch auf die Zahl der Tiere zurück. Auch mit einigen Zahlen beeindruckte Ritter die Juniorstudenten. Die Atomfontäne eines Blauwals könne bis zehn Meter hoch sein. Diese sehe man auch aus größerer Entfernung. Die genaue Anzahl der Tiere in einem gebiet zu bestimmen, sei schwierig, da sie sich meist unter der Wasseroberfläche befinden. Man erfasse bei den Beobachtungen unter anderem GPS-Position, Datum und Uhrzeit, Art und Größe der Tiere. Diese Erfassung habe der Verein in über 20 Jahren jeden Tag im Jahr durchgeführt. So kamen in der Datenbank bisher über 14 500 Datensätze zusammen. Er verdeutlichte an Karten, die aus diesen Daten erstellt wurden, beispielsweise, dass sich Grindwale etwa drei bis vier Meilen vor der Küste wohlfühlen. Die Karten würden auch helfen, die Seltenheit oder Häufigkeit von Vorkommen aufzuzeigen. „Mich persönlich interessiert vor allem das Verhalten von Walen und Delfinen.“
Man beachte sie dazu 15 bis 30 Minuten, manchmal auch länger. Dabei beachte man Aktivitäten und Art der Beschäftigung. Auch hier sei die Herausforderung, dass man nicht alle Tiere auf der Oberfläche sehe. Weiter verdeutlichte er mit einem seiner vielen Fotos, dass Vögel und Delfine die gleichen Fische fressen. Eine größere Anzahl von Vögeln im Meer, weise auch darauf hin, dass sich dort ebenso Delfine befinden könnten. „Wichtig ist bei der Verhaltensforschung sehr aufmerksam zu sein“, betonte er. Seine Beobachtungen diktiere er in Diktiergerät oder Smartphone. Man müsse sich klar sein, das man beobachte. Hierzu müsse man die Listen der Verhaltensweisen gut kennen. Die größte Gruppe der Tiere, die er bei La Gomera gesehen hat, seien um die 1000 Tiere gewesen, antwortete auf eine Kinderfrage.
Weiter berichtete, er dass die detaillierte Form der Finne sowie Flecken auf dieser und dem Rücken von Walen und Delfinen bei jedem Tier individuell sind. Sie seien wie der Fingerabdruck beim Menschen bei jedem anders. Um solche Details wahrzunehmen und auszuwerten, nutze man die Fotoidentifikation. Anhand eines Beispiels versuchten sich die Kinder selbst an der Unterscheidung und erhielten für das genaue Vorgehen und das richtige Erkennen Lob.
Ritter verwies darauf, dass man die Ergebnisse verschiedener Forschergruppen zusammentrage. So habe man beispielsweise die Wege von Walen und Delfinen im Bereich der Azoren und Kanaren ermittelt. Genutzt habe man auch die die Daten der Fotoidentifikation. Die Kinder hatten viele Fragen. So erklärte er darauf unter anderen, dass Delfine zum Beispiel stranden, wenn sie durch Krankheit oder durch menschgemachten Lärm im Meer oder Veränderung im Erdmagnetfeld durch Sonnenstürme orientierungslos werden.
Er ging auch auf weitere Forschungsmethoden ein. Dazu gehöre die Untersuchung gestrandeter Tiere und der Einsatz von Mikrofonen unter Wasser. Man untersuche Planktonproben, um auf Nahrungsvorkommen zu schließen. Außerdem setzt man teilweise Sender ein, die mit zahlreichen Sensoren und Kameras ausgestattet sind und mit Saugnäpfen Stunden oder mehrere Tage an einem Tier haften und ihre Daten senden.
Außerdem werden heute Drohnen zur Beobachtung aber auch Entnahme von Proben aus der Atemfontaine genutzt. Letzte kann man zum Beispiel nach Krankheitserregern untersuchen.
Kinder entwickelten eigene Forschungsideen
Im Anschluss an den Vortrag erarbeiteten die Kinder in fünf Kleingruppen eigene Forschungsideen rund um Wale und Delfine und überlegten sich dabei auch, mit welchen Methoden und wo man diese umsetzen kann. Überlegt hatten sie sich für die Untersuchung des Verhaltens erkrankter Tiere, de Routen der Tiere, dem Zusammenleben von Walen und Delfinen, der Sprache der Delfine und dem Mutter-Kind-Verhalten von Delfinen. Jede Gruppe bekam von Ritter Rückmeldung zu den Ideen und gewählten Methoden.
Auf eine Kinderfrage hin, erklärte Ritter er sei gegen Delfinarien. Tiere ginge es in Gefangenschaft nicht gut. Er verwies auf fehlende Familienverbünde und darauf, dass sie in freier Wildbahn 30 bis 40 Kilometer pro Tag schwimmen und mehrere hundert Meter tief tauchen.